Ich renne. Schneller, immer schneller. Hauptsache, ich bleibe nicht stehen. Der Schnee unter meinen Füßen knirscht bei jedem meiner Schritte. Zweige schlagen mir ins Gesicht. Die Luft ist eiskalt und bei jedem Atemzug schmerzt sie mehr. Meine Muskeln brennen und meine Knöchel tun weh. Ich atme stoßweise, kleine Atemwolken bilden sich vor mir. Ich konzentriere mich nur auf den Weg, auf das, was vor mir liegt. Ich lasse den Gedanken keine Chance, sich in meinem Kopf zu verirren. Weiter, immer weiter renne ich, vergesse dabei alles. Schule, Familie, Regen, Sonne, Menschen, die Welt. Nichts kann mich jetzt aufhalten. Nicht einmal der Schnee auf dem ich manchmal ausrutsche. Als ich auf ein freies Feld komme, schließe ich die Augen und renne weiter, lasse mich einfach von meinen Füßen tragen. Ich stolpere, falle hin und lache laut. Ich lache, obwohl es sich so anfühlt, als würden meine Lungen gleich zerreißen und mein Herz aus meiner Brust springen. Für einen Moment konzentriere ich mich auf den Schmerz, lasse zu, dass ich mich lebendig fühle. Dann blüht mein Herz auf. Es raubt mir den Atem und gleichzeitig habe ich das Gefühl, seit Jahren wieder richtig atmen zu können. Ich lache und schreie, jubele laut und lasse mich von der Erleichterung überströmen, von dem Gefühl frei zu sein. Das Gefühl glücklich zu sein überschwemmt mich in Wellen und ich lasse zu, dass es mir für einen Moment den Atem und die Sinne raubt. Ich denke nichts. Ich fühle alles. Ich lasse mich nach hinten fallen und öffne meine Augen. Ich lasse es einfach passieren. Ich gebe die Kontrolle ab. Während die Welt in allen Farben leuchtet und mein Herz schlägt wie noch nie zuvor, so als müsste es mir sagen, dass ich lebe, mache ich einen Schneeengel.
Marie