Kaum sehe ich dich noch und wenn du hier bist, bist du weg. Immer in Bewegung, nie hältst du inne, machst stopp, ruhst dich aus. Der Weg ist das Ziel, sagst du immer. Verzweifelst willst du ankommen, aber wo? Du willst sein, aber du bist nicht. Immer auf dem Sprung, hast es eilig, den Berg zu erklimmen, ermüdest, aber ignorierst es, verdrängst es. Innerlich am Bluten, doch willst nur diesen Gipfel erreichen. Willst immer höher, immer weiter, immer mehr, kriegst nie genug. Fühlst dich durch Schmerz lebendig, obwohl du das Leben nicht lebst. Kletterst diesen Berg hinauf, doch kommst nicht voran. Redest dir ein, dass dein Ziel zum Greifen nah ist, doch du entfernst dich. Rennst über eine Brücke, doch erreichst das andere Ufer nicht, denn in der Mitte klafft ein Loch. Deine Angst zu leben so groß, dass du dich verschanzt, Mauern um dich errichtest, Stein auf Stein. Nach außen hin eine riesige Festung, doch innerlich leer, brüchig, du schreist nach mehr, mehr Luft zum Atmen. Nur, du versuchst es so sehr, das ist nicht fair, nicht richtig, so falsch. Du teilst das Meer, doch siehst darin nur die Fische, die dabei umkommen. Stur gehst du diesen einen Weg, ohne Pause, ohne Umweg. Erklimmst den Gipfel, doch erspähst die Schönheit der Natur nicht. Deine Augen sind offen, dennoch blind. Siehst selbst den Erfolg nicht. Erhoffst dir die Erlösung beim Erreichen, für dich ist Leben keine Aufgabe, es ist Qual. Durch Schmerz fühlst du dich lebendig, nachdenklich? Doch Irrsinn, du vegetierst da hin. Fokussierst das Ende, nicht das hier, dosierst den Schmerz mit Pillen, er beengt, verdrängst ihn. Zugedröhnt posierst du für den Tod, der lacht und verhöhnt. Wartest sekündlich, minütlich, stündlich, das was passiert, kannst nicht ertragen, doch alles ist eingefroren, verkommen in deinen Augen. Hältst nicht an, um die Glück verwöhnten Menschen sehen zu müssen, die da stehen und starren. Abschätzige Blicke tauschen, lauschen ohne zu verstehen, die erschrocken von dem Geschehen, Schritte zurück. Sie wissen nichts, doch reden. Du musst durch den Tunnel gehen, hast keine Wahl. „Klar, es geht mir gut“ „Nur Mut“ doch wollen die Wahrheit gar nicht hören. Verstehen nicht, glauben nicht. Anteilslos! „Du packst das schon“ sagen sie, was wissen die schon? Sehen deinen viel zu dünnen Körper missbilligend an. Arroganz versteckt sich hinter dieser scheinbaren Akzeptanz. Ihr Geschwätz hetzt. Du fühlst dich wie eine Marionette, gelenkt von der Welt, nicht mehr Herr deiner selbst. „Nein, nein mir geht’s gut“ du beharrst, scharrst mit den Füßen auf dem kalten herzlosen Boden. Was tun, wenn man sich selbst verliert, ins Bodenlose gezogen wird? Wenn du Leben lässt, aber selbst nicht mehr lebst. Du verlierst dich in Lügen, verworren gesponnen verrinnt die Zeit, wie in einer Sanduhr. Drehst sie immer wieder, damit sie nicht endet. Ich frage dich, wozu perfekt sein, warum nicht einfach echt sein? Du betrügst dich selbst, versteckst dein in-perfektes Ich, hinter einer perfekten Maske. Bist im Schaufenster ausgestellt, doch nichts Einzigartiges, wie mir auffällt, bist gewöhnlich, alltäglich, versteckst dich in der Masse, damit du unsichtbar bleibst. Es passiert nichts, du riskierst nichts, du maskierst dich, parierst wie ein Soldat. Leierst Wörter herunter wie aus einem leiernden Leierkasten. Das ist kein Leben, das ist Verschwendung, du bist lebendig, doch tot. Und ich frage dich noch einmal, wozu perfekt sein, warum nicht einfach echt sein?
Marie