Jetzt stand ich hier. Mein Herz pochte und meine Gedanken flogen hin und her. Ich musste sie sammeln, mich konzentrieren. Ich schaute durch einen winzigen Spalt in der Kulisse. Dort saß sie. Sie war extra wegen mir mit ihrer Familie hergekommen – wegen mir. Bei dem Gedanken daran wurde ich wieder ganz aufgeregt. Ich wusste diese Aufregung würde sich nicht legen, nicht bis ich auf der Bühne stand und alles um mich herum vergaß. Bis ich nur noch ans Spielen dachte, an meine Rolle, an das Theaterstück. Bis zu diesem Augenblick würde die Aufregung nicht weggehen. Während ich angespannt den Text von den anderen Schauspielern verfolgte, um meinen Einsatz nicht zu verpassen, dachte ich über die Dinge nach, die uns Julia immer vor den Auftritten sagte. Weshalb wir hier standen, was wir erreichen, was wir vermitteln wollten. Plötzlich überkam mich ein Gefühl von Freude. Auf einmal freute ich mich richtig auf das Theater spielen. Auf einmal merkte ich, wie viel Spaß mir das hier machte. Dann hörte ich mein Stichwort – das war mein Auftritt. Ich atmete noch einmal alle Gedanken an meinen Alltag aus mir heraus und mit dem nächsten Atemzug betrat ich die Bühne.
Für den Bruchteil einer Sekunde war der gesamte Saal totenstill und ich vergaß zu atmen. Dann ging der Scheinwerfer an und ich fing wie automatisch an zu reden. Ich redete mit anderen Schauspielern, mit dem Publikum, mit mir selbst. Ich lief durch einen Wald, an Häusern vorbei und zu einem Berg. Ich lachte, wurde traurig und wurde wütend. Und ich hexte. Das Hexen fiel mir besonders leicht. Es half mir, mich komplett in meine Rolle hineinzuversetzen, mich selbst zu vergessen und aus der Sicht einer anderen Person zu spielen. Das Gefühl war überwältigend!
Erst als das Saallicht wieder anging, das Publikum anfing zu klatschen und wir uns verbeugten, fiel mir auf, wie erschöpft ich war. Aber gleichzeitig auch unglaublich glücklich! Da sah ich sie wieder. Sie lächelte mir aus dem Zuschauerraum zu. Ich lächelte zurück und war plötzlich sehr erleichtert.
Zoë😉