Nahes Ende von Samy aus Bergneustadt

Die Sonne schien ihm unangenehm ins Gesicht, woraufhin er sich seine Kappe noch tiefer ins Gesicht zog.

Er konnte nicht begreifen, wie die Welt um ihn herum strahlen konnte, wenn es in ihm selbst nur schwarz und dunkel war. Er hatte noch nie dieses Gefühl des Glücks spüren dürfen und vielleicht würde er das auch nie. Vielleicht würden sie ihn zu Strecke bringen, bevor er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. War es eigentlich möglich glücklich zu sein und gleichzeitig auf der Flucht? War es möglich ein normales Leben zu führen, mit einem schweren Stein auf seinem Herzen?

Das Leben hielt keine Antworten für ihn bereit, nur Fragen, die sich in seinem Kopf sammelten und ihm beinahe die Luft zuschnürten.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er unauffällig seine Umgebung und hielt Ausschau nach vermeintlichen Verfolgern oder Fremden. Das sonst bergige Land erstreckte sich in einer flachen Landschaft vor ihm, sodass er sein Umfeld gut im Blick behalten konnte.

Das Leben für ihn war alles Andere als lebenswert, aber trotzdem verlor er nie den einen Schimmer Hoffnung. Es wäre ein Wunder, wenn sich sein Leben verändern würde, aber er wäre bereit, an dieses Wunder zu glauben.

Ein weit entferntes Klopfen brachte ihn zurück in die Wirklichkeit. Ins Hier und Jetzt. Hektisch drehte er sich um und spürte sein wild klopfendes Herz in seiner Brust hämmern. Darauffolgende Schritte ließen ihn aufspringen und die Treppen des Gasthofs hinauflaufen. Erst als die Tür mit einem lauten Knall in ihre Angeln fiel, beruhigte er sich von dem Schock wieder. Er sank auf die Knie und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

Alles ist ganz normal“ sagte er sich in Gedanken. Jetzt war er schon paranoid.

Aber wer könnte es ihm verdenken? Niemand wusste besser als er, was es bedeutete allein zu sein und alles verloren zu haben, was einem jemals wichtig war. Seine Mutter hatte er bereits früh verloren und ein Vater hatte nie eine Rolle in seinem Leben gespielt. Man müsste meinen, dass er sich mit der Zeit an die Einsamkeit gewöhnt hätte, aber so war es nicht. Er konnte seine Vergangenheit und seine Familie nicht vergessen und das wollte er auch gar nicht. Er wollte nur akzeptieren, was für immer unveränderlich bleiben würde. Seine Familie würde er nie wieder bekommen, dafür war es bereits zu spät, außerdem war der Tod mächtiger als er. Einmal verloren, immer verloren.

Stimmen warnten ihn, bis ein dumpfes Klopfen ihn zum Verzweifeln brachte. Dreimal. Dann war vorerst Ruhe, aber es war nur die bekannte Stille, vor dem noch bekannterem Sturm. Er schloss die Augen.

Er wusste, dass es soweit war. Das Versteckspiel hatte ihn nicht weiter gebracht und nur Zeit herausgezögert, die er verschwendet hatte. Seine Feinde waren bereit. Er nicht. Er würde nie bereit für das Ende sein und wünschte sich, es hätte nie einen Anfang gegeben.

Samy