Um fünf bin ich im ZaK, dem Jugendzentrum der evangelischen Gemeinde Erkelenz, verabredet. Zwei Jugendliche kommen mir entgegen, als ich reingehe. Die ganze Nummer um Pink City war offensichtlich doch nur ein Hirngespinst. Im Büro erwarten mich Eva Maria Sengalski und Gabi Lanze. Sie lächeln freundlich, ich stelle mich vor, stelle das Projekt vor, verkneife mir jeglichen Spruch zu meinen Erlebnissen und Verschwörungstheorien.
„Ich kann Ihnen heute leider nicht viele Jugendliche vorstellen“, sagt Frau Sengalski. „Aber zwei Jungs sind da, Flüchtlinge, aufgeschlossen, würde sich bestimmt lohnen, mit denen zu sprechen.“
„Alles klar“, sage ich. „Ich hoffe, das waren nicht die beiden, die mir gerade entgegen gekommen sind.“ Waren sie. Einer von ihnen trug ein pinkes Shirt unter seiner Jeansjacke.
Ich sehe mich um. Die Räumlichkeiten sind super, woanders würde der Laden brummen, denke ich und er hätte es verdient. Es gibt eine Theke, einen Billardtisch, Airhockey, Kicker, eine Playstation, mehrere Rechner, W-LAN überall.
Mit viel Herzblut stellen die beiden Sozialarbeiterinnen ein abwechslungsreiches Programm zusammen. Konzerte, Fahrten ins Phantasialand. „Aber wir kriegen die Jugendlichen kaum noch zu greifen.“ Eva Maria Sengalski erscheint mir jung, motiviert und voller guter Ideen, Gabi Lanze hat schon viel erlebt in der Jugendarbeit und kann auf jede Menge Erfahrung zurückgreifen. „Aber die Jugendlichen laufen uns weg und wir wissen nicht, warum.“
Ich mustere sie, finde nichts Pinkes, auch die Tassen auf dem Tisch sind unversehrt.
Die Armen, denke ich. Ein Kampf gegen Windmühlen, den sie da führen. Aber würde ich ihnen jetzt die Wahrheit erzählen, sie würden mich für verrückt erklären. Schweren Herzens halte ich den Mund.
Ich laufe noch mal durchs ZaK und finde tatsächlich doch noch einen Jungen. Allerdings hat der sich an die Playstation gekettet und spricht nicht mit mir. Vermutlich weiß er von der Bedrohung. Hat viele seiner Freunde kommen und gehen sehen und sich dann für diese Sicherheitsvariante entschieden, hält mich vermutlich gar für den Feind.
Frau Sengalski gibt mir den Tipp, es mal beim Kaufland zu versuchen, da ist ein Skatepark.
„Mache ich“, sage ich und lege mich für ein paar Stunden ins Auto, um zu schlafen, stehe dann mitten in der Nacht auf und schleiche zum Sportplatz. Die „Bauarbeiter“ bemerken mich nicht. Ich steige in die futuristische, pink beleuchtete Kapsel, die im Mittelkreis des Fußballplatzes steht und Richtung Himmel zeigt.
Immerhin habe ich einen Auftrag und der lautet, herauszufinden, was die Erkelenzer Jugendlichen so machen.
Während der Raumfahrt erzählen sie mir, dass sie ihre Grillmeisterschaften lieben, die Shishabars, Dönerläden, die holländischen Fritten, den Drogeriemarkt, die zahlreichen Eiscafés, das Reisebüro und das Parkhaus. Am allerliebsten aber mögen sie das ZaK, Frau Sengalski und Frau Lanze finden sie sowieso super.
Acht Tage lang schwärmen sie mir von ihrer Liebe zu Erkelenz vor, es hängt mir mittlerweile zu den Ohren raus.
Endlich landen wir auf Pinkus. Es regnet in Strömen. Ein Mädchen fragt einen der Flugbegleiter, ob es einen Schirm haben könnte.
„Einen was?“, fragt der zurück.
Welcome to Pinkus!
3/3
Tobias Steinfeld